… Schwierigkeiten in der Ehe.
Da sind wir nun - in der Mitte des Lebens, mitten in der Menopause oder auch in einer Ehekrise. Plant Auszeiten, raten die Paartherapeut:innen. Klingt gut. Aber wann bloss, fragen wir.
Kinder bringen Liebe und Chaos. Die Ehe oder eine langjährige Partnerschaft Sicherheit und Vertrauen – und zunehmend auch genervtes Augenrollen. Kombiniert man beides, hat man das perfekte Rezept für Überforderung. Weil wir alle eine Paartherapeutin oder einen Paartherapeuten und eine Auszeit verdienen: unbedingt weiterlesen.
Die Realität von Ehe mit Kindern.
Es gibt diesen Moment im Leben jeder Elternschaft, in dem man sich fragt: «Wie sind wir eigentlich hier gelandet?» Vielleicht ist es der dritte Streit darüber, wer die Windeln hätte kaufen sollen. Vielleicht ist es das genervte «Kannst du bitte mal die Spülmaschine ausräumen?» oder das Gefühl, dass der einzige «Quality Time»-Moment des Tages darin besteht, gemeinsam die Agenda zu checken, wer an welchem Abend weggehen kann. Ehe und Kinder – das klingt romantisch in der Theorie, aber in der Praxis? Willkommen im echten Leben, wo sich gerade viele Paare um uns herum trennen.
Warum ein Paartherapeut manchmal Gold wert ist.
Ein Paartherapeut riet letzthin einer Freundin, einmal in der Woche einen Abend nur als Paar zu planen, einmal im Monat ein ganzes Wochenende und einmal im Jahr – Ihr ahnt es – eine ganze Woche. Wir konnten nur müde lachen. Aber es liess uns dann trotzdem nicht los. Also haben wir einen Paartherapeuten gefragt, was denn nun wirklich hilft im Familienalltag. Damit wir nicht die nächsten sind, die es nicht schaffen als Paar.
Werner Klumpp ist Paarberater und Mediator bei Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich.
paarberatung-mediation.ch
Tadah: Trennen sich deshalb so viele Paare, weil es eben nicht machbar ist, sich genug Zeit als Paar zu nehmen?
In der Tat: Auch ich empfehle Paaren mit Kindern häufig einen solchen «Businessplan» für ihre Beziehung. Doch dies als ausschliessliches Rezept gegen Trennung hochzuhalten, wäre zu kurz gegriffen.
Als Vater weiss ich allzu gut, wie schwierig es oft ist, Paarzeit im Alltag freizuschaufeln. Viele Eltern erleben gerade die Zeit, wenn die Kinder noch klein sind, und bei aller Freude über den Nachwuchs, als sehr herausfordernd: Die Bedürfnisse der Kinder stehen im Vordergrund, gleichzeitig verflüchtigt sich die Zeit zu zweit. Anstatt wichtige Dinge in Ruhe zu besprechen, versucht man sie «zwischen Tür und Angel» zu klären. Die Reizbarkeit aufgrund von Schlafdefizit steigt. Gegenseitige Erwartungen bleiben oft unausgesprochen. Kommt hinzu, dass im Bett auch weniger läuft, was in dieser Phase durchaus Normalität hat, sind die Zutaten für den Frustrationscocktail gemixt. Daher rate ich, die Machbarkeit, sich als Paar Zeit zu nehmen, auf den Prüfstand zu stellen. Zum Vergleich: Würde ich es mir ebenfalls leisten, mit dem Auto nonstop weiterzufahren, wenn die Ölkontrolllampe aufleuchtet?
Klingt einleuchtend.
Eine Stunde pro Woche für ein Paar-Austausch zu Hause auf dem Sofa – das sollte doch machbar sein. Aber auch die gegenseitige Wertschätzung im Alltag, gute Konfliktbewältigungsstrategien, eine achtsame Kommunikation sowie Frustrationstoleranz sind neben der Paarzeit wichtige Faktoren, die die Beziehung stärken.
Ohne Kinder denkt man: So eine Entfremdung als Paar, das passiert uns dann nicht. Wenn die Kinder da sind, dann passiert es eben doch. Was raten Sie?
Es ist hilfreich, sich gedanklich auf die Veränderungen einzustellen: Dass das Kind erst mal mit all seinen Bedürfnissen in den Vordergrund rücken wird – was gut und wichtig ist. Und dass man als Paar und jede:r für sich erst mal weniger Zeit haben wird. Und auch, dass sich die Rollen erweitern: Man ist sich nicht mehr nur Partner:in, sondern findet sich in den neuen Rollen als Mutter und Vater ein. Sich hier über die gegenseitigen Erwartungen auszutauschen, ist hilfreich, um Enttäuschung und Frustration vorzubeugen.
Nach einer ersten Zeit des Ankommens im Elternalltag ist bedeutsam, sich wieder verstärkt auf die Paarbeziehung zu fokussieren. Regelmässiger Austausch (Wie war mein Tag? Was ist mir wichtig?) ist die Basis, um die Verbundenheit miteinander zu stärken. Wichtig: Bei diesen Gesprächen soll Organisatorisches bewusst nicht besprochen werden. Gerade, weil die erste Zeit von neuen Herausforderungen geprägt ist, sollte die gegenseitige Wertschätzung sowie Komplimente im Alltag und eine achtsame Kommunikation so wichtig sein wie das Wärmen der Milchflasche. Sich als Paar immer wieder Auszeiten zu gönnen – die Grosseltern oder andere Verwandte freuen sich möglicherweise schon – stärkt nicht nur die Beziehung, sondern auch das Elternsein.
Auch sollten eigene Bedürfnisse (z. B. Hobbys) nicht auf Dauer zurückgestellt, sondern der oder dem Anderen mitgeteilt werden, damit gemeinsam Lösungen zur Realisierung gefunden werden können.
«Schliesslich lädt man das Handy ja auch regelmässig auf, ohne zu erwarten, dass es pausenlos funktioniert.»
Wie können Paare sich um ihre Beziehung kümmern, wenn sie gleichzeitig übermüdet sind?
Das ist in der Tat oft nicht so einfach. Häufig schaue ich mit den Paaren, wie Entlastung möglich ist. Manchmal kann eine externe Reinigungshilfe schon Erleichterung bringen oder eine organisierte Kinderbetreuung, die ein paar Stunden Freiraum ermöglicht. Oft braucht es gar nicht viel Aufwand, um der Beziehung etwas Gutes zu tun: Ein gemütlicher Abend auf der Couch, mal eine Pizza liefern zu lassen, anstatt sich an den Herd zu stellen …manchmal tut auch etwas Abstand zu den eigenen vier Wänden gut: Ein kleiner Spaziergang kann schon hilfreiche Abwechslung bringen. Und wenn beide hinterher sagen: «Das hat richtig gutgetan», hat es sich gelohnt, sich Zeit in der vollen Familienagenda zu blocken. Schliesslich lädt man das Handy ja auch regelmässig auf, ohne zu erwarten, dass es pausenlos funktioniert.
Wie verändert sich typischerweise die Paarbeziehung mit Kindern?
Der Übergang vom Paar zum Elternpaar ist herausfordernd. Der Fokus verändert sich; es gibt den Blick auf das «gemeinsame Dritte», was sehr wertvoll und verbindend ist. Die Zeitressourcen verändern sich: War vor den Kindern genügend Zeit für eigene Hobbys und Interessen sowie für gemeinsame Unternehmungen, stehen nun die Kinder mit ihren Bedürfnissen im Fokus. Für Gespräche fehlt meist die notwendige Ruhe; wichtige Themen werden oft beiläufig und unter Zeitdruck besprochen. Unausgesprochene Erwartungen können zu Frustration führen. Gleichzeitig ist der neue Alltag sehr fordernd. Studien zufolge nimmt die Beziehungszufriedenheit mit der Geburt eines Kindes ab. Dem kann man als Paar entgegenwirken, indem man in die Beziehung investiert. Um den Übergang zum Elternpaar gut zu bewältigen, braucht es mitunter auch Zeit, um in den neuen Rollen anzukommen – diese Zeit sollte man sich selbst und auch der oder dem Anderen geben.
Die 3 wichtigsten Paartherapeut:innen-Tipps für Elternpaare:
1
—Regelmässige Paarzeiten mit «Priorität hoch» fix in der Agenda eintragen.
2
—Sich immer wieder sagen, was man aneinander schätzt und wofür man dankbar ist.
3
—Gedankliche Zeitreise unternehmen: Angenommen, wir hätten 5 Jahre später. Welchen Ratschlag würden wir uns von diesem Zeitpunkt aus für jetzt geben? Zum Beispiel mehr Gelassenheit im Alltag, denn in 5 Jahren werden wir diesen vermissen, da die Kinder schon ausgezogen sind.
Wenn schon Auszeit, dann aber richtig.
Als Paar muss – oder besser darf – man sich tatsächlich hin und wieder ausklinken. Wohin? Zum Beispiel in den Schweizerhof Lenzerheide, so wie wir es getan haben. Wie das war, lest Ihr hier. Dort haben wir durchgeatmet, uns geschworen, wir machen das ab jetzt jedes Jahr (haben wir natürlich nicht. Leider.) Aber wir bleiben dran.
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit unseren Partnern von